Cornwall - Area of Outstanding Natural Beauty

EIN exemplarisches Reisetagebuch

Man sagt, die grüne Insel Großbritannien sei deswegen so grün, weil es hier ständig regnet. Als wir an einem Montagnachmittag Ende Juni in Cornwall (Newquay) aus dem Flugzeug steigen, scheint es gerade einmal nicht zu regnen. Auch wenn die Luftfeuchtigkeit bei gefühlten 95 Prozent liegt und mal mehr, mal weniger dichte Nebelschleier für feinen Niederschlag auf der Frontscheibe unseres Rechtslenkers sorgen. Wir machen uns auf in Richtung Süden. Ziel: das Fischerdorf Cadgwith und unser Ferienhaus. 

Das Navi sagt uns eine Ankunft in etwas mehr als 60 Minuten an unserer Ferienwohnung voraus, die wir beim National Trust gebucht haben. Eine Wegbeschreibung haben wir auch bekommen. Und die ist auch mehr als notwendig. Spätestens als das Navi, das keinerlei Skrupel hat, uns zwischen hohen Hecken über die engsten Single-Track-Roads zu lotsen, keine Straßen mehr im Display anzeigt und wir den ersten Schotter unter den Rädern haben. (Jetzt verstehe ich zum ersten Mal, warum - zumindest gefühlt - so viele Engländer einen Land Rover fahren). Zwei Stunden und nur einen unfreiwilligen Umweg später sind wir angekommen. 

Wolken und Nebel halten sich hartnäckig die nächsten 48 Stunden. Was uns nicht davon abhält, die bei jedem Wetter großartigen Aussichten entlang des South West Coast Paths zu genießen, der direkt an unserer Ferienwohnung vorbei führt. Wanderschuhe an und raus in die Natur! 

 

Wir sehen Fasane, Robben, Kröten, Schmetterlinge und natürlich jede Menge Vögel - von der Möwe bis hin zum Greifvogel. Die Hühner im Nachbarsgarten (die eine unverschämt tolle Aussicht auf Cadgwith Cove genießen) nicht mitgerechnet. 

 

Lizard Point ist der südlichste Punkt des britischen Königreichs und bietet ebenfalls spektakuläre Aussichten auf den Atlantik. Allerdings leider auch ziemlich viele Ausflügler. Selbst bei bedecktem Himmel an einem Wochentag. 

Und dann, am dritten Tag, zeigt sich Cornwall endlich von seiner Sonnenseite

Die Natur erstrahlt in ihren schönsten Farben. Blauer Himmel über einem azurfarbenen Atlantik, umrahmt von satten Grüntönen und intensiv leuchtenden Blüten in Pink und Gelb. 

Unser erster Tagesausflug führt uns ins Bodmin Moor.

Eigentlich hatten wir mit Tintagel Castle starten wollen, wo der Legende nach King Arthur geboren sein soll. Die Polizei hatte die Burgruine an diesem Tag jedoch abgeriegelt, wegen irgendeiner Protestgruppe, die sich dort verschanzt hatte. Also essen wir nur eine Cornish Pasty und fahren weiter. Unser Ziel sind die Steinkreise The Hurlers in der Hochmoorlandschaft bei Bodmin. 

 

Gut, mystische Stimmung will bei strahlendem Sonnenschein nicht so richtig aufkommen. Trotzdem ist die Aussicht, die wir nach einer kurzen Wanderung abseits jedweder Wegmarkierungen von der Anhöhe Rough Tor aus genießen, unvergleichlich. Kein Wunder, dass dieser Ort bereits in prähistorischer Zeit Menschen in seinen Bann gezogen hat.

Und dann sind da natürlich noch Cornwalls unvergleichliche Gärten. Die Auswahl für ein Ausflugsziel fällt uns nicht leicht. Wir entscheiden uns schließlich für Glendurgan Garden und Trebah Garden. Weil sie gleich nebeneinander liegen und man so zwei Paradiese an nur einem Tag besuchen kann. 

 

Welcher der beiden Gärten der schönere ist? Unmöglich zu sagen! Glendurgan hat ein Heckenlabyrinth, Trebah eine tropische Wasserlandschaft inklusive Koi-Karpfen-Teich. Und beide Gärten eröffnen wunderschön gerahmte Aussichten auf die Mündung des Helford Rivers

 

Mit diesen Eindrücken im Kopf, haben wir das Gefühl, die eigentlichen touristischen Garten-Highlights von Cornwall, das Eden Project und The Lost Gardens of Heligan, getrost links liegen lassen zu können. 

Da das Wetter sich einfach nicht an die Klischees halten will und mit über 20 Grad und strahlendem Sonnenschein für cornische Verhältnisse hochsommerlich bleibt, steht als nächstes ein Strandtag auf dem Programm. Kynance Cove ist eine Bilderbuchbucht, die selbst erfahrene Karibikurlauber begeistern dürfte. 

 

Türkisfarbene Wellen, die sich an schroffen Felsen brechen. Dazwischen feine Sandstrände, die teilweise nur bei Ebbe durch Höhlenzugänge erreichbar sind. Willkommen im Paradies!

 

Ok, lediglich die Wassertemperatur lässt ein wenig zu wünschen übrig. Im Sommer, zwischen Juni und August, liegt sie bestenfalls zwischen 13 und 16 Grad. Wer also länger als zehn Sekunden im Wasser bleiben möchte, kauft sich im nächsten Supermarkt besser einen Wetsuit. 

Und wo bleibt bei all der Natur die Kultur? Eine einmalige Möglichkeit beides zu verbinden, ist ein Besuch im Minack Theatre. Dieses einzigartige Freilichttheater an der Südküste von Cornwall schmiegt sich in die Klippen bei Porthcurno und bietet eine unvergessliche Kulisse. Wir haben Karten für Jane Austens "Sense and Sensibilty" (unbedingt rechtzeitig vorher über die Webseite kaufen). Und immer noch bestes Wetter. (Erst jetzt beginne ich zu verstehen, warum die Engländer im Sommer bei so vielen Anlässen Sonnenhüte tragen.) 

 

Daher entscheiden wir uns, das Auto unten am Strand (Porthcurno Beach) zu parken und den Aufstieg über den South West Coast Path zu machen. Die Belohnung sind, wie eigentlich fast immer, grandiose Aussichten. Nur schwindelfrei sollte man für diese Kletterpartie sein.

Bei dem blauen Himmel über uns, haben wir eigentlich keinerlei Bedürfnis, uns in geschlossenen Räumen aufzuhalten. Ein Besuch von St. Michael’s Mount muss trotzdem sein. Auch wenn wir hier das erste Mal am Ticket Office des National Trust anstehen müssen.

 

Doch der Weg lohnt sich. Im wahrsten Sinne des Wortes - alleine schon die kopfsteingepflasterte Straße, die vom Festland auf die Gezeiteninsel führt, und nur bei Ebbe oberhalb des Meeresspiegels liegt, ist ein Erlebnis. 

 

Auch das Schloss, das im Mittelalter ein Kloster gewesen ist, und immer noch von einer Adelsfamilie bewohnt wird, eröffnet lohnenswerte Ein- und Ausblicke. Nicht zu vergessen der idyllische Schlossgarten, für den man allerdings noch ein weiteres Mal ein Ticket lösen muss. 

Nach so vielen aufregenden Highlights verbringen wir unsere letzten Urlaubstage in aller Ruhe rund um unser Feriendomizil in Cadgwith. Wir besuchen Seehunde und Otter im Cornish Seal Sanctuary, essen im örtlichen Pub, dem Cadgwith Cove Inn, fangfrischen Lobster und schauen uns die WM-Spiele der Three Lions an. Cornwall - Area of Outstanding Natural Beauty. In der Tat. Aber auch noch so viel mehr!

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